Für unser Milchprojekt („Giving Milk a Good Shake- Alternative Milchproduktionsmethoden“) haben wir heute einen weiteren Milchbetrieb besucht. Diesmal einen Biobetrieb in der Nähe von Barneveld.
Vor einigen Jahren entschied der Betreiber, eine neue Idee auf seinem Betrieb auszuprobieren – er wollte die Kälber länger bei ihren Müttern lassen, anstatt sie sofort nach der Geburt zu trennen. Dafür musste er seinen Stall nicht umbauen, es funktionierte auch so. In den ersten beiden Tagen sind die neugeborenen Kälber mit ihren Müttern separat untergebracht, damit sie Ruhe haben und das Kalb seine Mutter erkennen lernt. Danach kommt die Mutter mit ihrem 3-Tage alten Kalb wieder in die Herde. Die männlichen Kälber werden nach 2 Wochen entwöhnt und verkauft. Die weiblichen Kälber bleiben mindestens 5 Wochen, manchmal sogar länger bei ihren Müttern in der Herde. Danach werden die Kälber nicht abrupt getrennt, sondern langsam entwöhnt, um den Stress zu reduzieren. Zuerst werden sie in einem großen Pferch mit Stroh neben ihren Müttern untergebracht. Die Kälber können ihre Mütter noch sehen, berühren und säugen, aber sie können nicht mehr in der Herde mitlaufen. Nach ein paar Wochen kommen die weiblichen Kälber in einen Pferch, der weiter weg ist. Sie haben dort immer noch Blickkontakt, aber keinen Körperkontakt mehr. Bis zu diesem Zeitpunkt hat das Kalb aber gelernt selbständig zu sein und der Magen ist entwickelt, somit ist der Stress minimal.
Gründe für eine längere Mutter-Kalb-Haltung? Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass das Wohl der Tiere deutlich verbessert wird, wenn der Bauer achtsam ist und professionelle Führungsqualitäten besitzt.
Niemand kann sich so gut um ein Kalb kümmern wie seine Mutter. Kälber leiden somit seltener an Infektionen der Nabelschnur und sind gesünder und kräftiger. Auch integrieren sie sich besser in eine Herde. Isoliert aufgezogene Kälber dagegen sind gestresst, wenn sie sich in eine neue Herde integrieren müssen. Bei den Kühen beginnt die Laktation besser, wenn sie ihr Kalb bei Fuß haben. Die gesamte Herde profitiert, da sie ihr artgerechtes Verhalten ausleben können – spielen, säugen, beschützen, pflegen uvm…
Negativ war allerdings auch hier, dass die männlichen Kälber viel zu früh von ihren Müttern getrennt werden.
Wir möchten dem Bauern für seine Gastfreundschaft danken und dafür, dass er sich Zeit genommen hat uns die Vor- und Nachteile dieses Systems aufzuzeigen. Er und sein Betrieb machten einen sehr guten Eindruck auf uns und man sieht wie viel Leidenschaft in diesem Betrieb steckt und dass ethische Aspekte umgesetzt werden.